An der Delegiertenversammlung des TTVI wurden mehrere Projekte vorgestellt, darunter eine eingehende Analyse zur Rekrutierung und Bindung junger Menschen in den Vereinen der Region. Diese von David Paul Imiela durchgeführte Studie zeigt konkrete Hebel auf, um unserem Sport neuen Schwung zu verleihen. Obwohl sie sich auf die Situation der Vereine in der Zentralschweiz konzentriert, befasst sich diese Analyse mit Problemen, die auf nationaler Ebene weit verbreitet sind. In diesem Artikel stellt David seine wichtigsten Schlussfolgerungen und Handlungsansätze vor, in der Hoffnung, dass sie andere Vereine in der ganzen Schweiz inspirieren und ihnen zugutekommen können.
Text: David Paul Imiela / Foto: Andrii Lukatskyi
In der Innerschweiz schlägt das Herz des Tischtennissports leiser als es sollte. Zwar engagieren sich 17 Vereine unter dem Dach des Tischtennisverbands Innerschweiz (TTVI), doch einige davon kämpfen mit identischen Problemen. Schrumpfende Mitgliederzahlen, Überalterung, fehlende Trainer und kaum in Nachwuchs in gewissen Vereinen. Doch es gibt Hoffnung, wenn gezielt und gemeinsam gehandelt wird.
Die aktuelle Lage: Zwischen Tradition und Zukunftssorge
Die Vereine im Einzugsgebiet des TTVI könnten unterschiedlicher nicht sein. Während einige Vereine gezielte Nachwuchsarbeit betreiben und wachsen, kämpfen andere ums Überleben. Insbesondere kleinere Clubs ohne Trainer oder strategische Ausrichtung laufen Gefahr, mittelfristig zu verschwinden. Diese Entwicklung kann die ganze Struktur des TTVI ins Wanken bringen. Eine umfassende Analyse, basierend auf Umfragen, Interviews und einem Benchmarking mit dem erfolgreichen Handballverein Emmen, legt drei zentrale Problemfelder offen:
- Vereinskultur: Aktive, zukunftsorientierte Vereinsführung ist der Schlüssel, aber in diversen Vereinen Mangelware.
- Freiwilligenmangel: Die Basisarbeit hängt an wenigen Schultern. Qualifizierte Helfer fehlen, weil Ehrenamt oft unter Wert gehandelt wird.
- Veränderte Jugendwelt: Kinder und Jugendliche haben heute mehr Freizeitoptionen als je zuvor. Die Konkurrenz durch andere Sportarten ist heute grösser als früher, und der Einfluss sozialer Medien, insbesondere durch Influencer ist enorm.
Lösungen: Strategisch, machbar und nachhaltig
Anstatt Symptombekämpfung braucht es systemische Lösungen. Die Masterarbeit schlägt ein zweistufiges Massnahmenpaket vor, das sowohl den Verband als auch die Vereine selbst in die Pflicht nimmt:
Für den Verband (TTVI):
- Einheitliches Trainingskonzept für die Region und Austausch innerhalb der Vereine fördern.
- Förderung von Trainer- und Helferausbildung. Anreize zur Motivation schaffen
- Verständnis zur heutigen Jugend stärken durch Kooperationen mit Sozialeinrichtungen, Schulen und Gemeinden
Für die Vereine:
- Strukturierter Aufbau ehrenamtlicher Teams mit Fokus auf Wertschätzung
- Abwechslungsreiche, kindgerechte und polysportive Trainingskonzepte
- Regelmässige soziale Aktivitäten und Turniere zur Stärkung der Vereinsbindung. Der Verein darf nicht nur aus Tischtennis bestehen.
- Aktive Einbindung der Jugend in Entscheidungsprozesse (z. B. Jugendvertretung)
- Der Mensch steht im Mittelpunkt: Die Mitgliederreise
Ein besonders innovativer Ansatz ist die „Mitgliederreise“ (Member Journey): Sie beschreibt die Touchpoints und Erfahrungen eines Mitglieds vom ersten Kontakt bis zur aktiven Rolle im Verein. Diese Reise bewusst durch passende Kommunikation gestalten, frühzeitige Integration und individuelle Förderung ist entscheidend, um eine langfristige Bindung zu sichern.
Blick in die Zukunft: Was passieren muss
Die Herausforderungen im Tischtennissport sind kein isoliertes Phänomen. Auch andere Sportarten kämpfen mit ähnlichen Problemen und Herausforderungen. Doch genau darin liegt auch die Chance. Wer sich jetzt neu ausrichtet, kann nicht nur den Bestand sichern, sondern als Vorbild wirken.
Zukunftsweisende Impulse:
- Digitalisierung nutzen: Von der Online-Sichtbarkeit bis hin zur internen Vereinsorganisation durch digitale Tools besteht in diesem Bereich viel Potenzial
- Kooperation statt Isolation: Vereine sollten ihre Zusammenarbeit intensivieren, etwa bei der Gewinnung und Ausbildung von Trainerinnen und Trainern oder durch den gezielten Austausch von Fachwissen und organisatorischen Kompetenzen. Kooperation statt Konkurrenz kann die Vereinslandschaft stärken und Ressourcen effizienter nutzen.
- Nachhaltigkeit leben: Auch im Sportverein darf das Thema Umwelt und soziale Verantwortung nicht fehlen. Es spricht gerade jüngere Generationen an.
- Vereine als Lebensraum denken: Der Verein darf nicht nur Trainingsort sein, sondern ein Ort für Gemeinschaft, Austausch und Entwicklung, unabhängig vom Alter.
Fazit: Die Zeit zum Handeln ist jetzt
Tischtennis in der Innerschweiz hat Potenzial, doch es braucht frische Impulse, moderne Strukturen und gemeinschaftliches Engagement. Die Herausforderungen sind gross, aber die Werkzeuge zur Lösung liegen auf dem Tisch. Jetzt ist es an der Zeit sie zu nutzen. Für eine zukunftsfähige Vereinslandschaft braucht es einen Kulturwandel. Weg vom reinen Verwalten und hin zum aktiven Gestalten. Sport darf nicht länger nur als Freizeitbeschäftigung verstanden werden, sondern muss als gesellschaftliche Chance zur Integration, Persönlichkeitsentwicklung und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts erkannt und genutzt werden.
Denn eines ist klar: Nachwuchsgewinnung ist kein Zufallsprodukt. Es ist das Ergebnis von Herzblut, Strategie und dem Willen etwas zu bewegen.
Verweis:
Imiela, D. (2025). Strategische Ansätze zur Nachwuchsgewinnung und -bindung für Tischtennisvereine im Einzugsgebiet des TTVI: Analyse und Handlungsempfehlungen. Emmenbrücke.
Es sei darauf hingewiesen, dass David Paul Imiela derzeit unter dem Namen Imiela-Vereinsberatung eine unabhängige Beratungstätigkeit für Vereine aufbaut. Dieses Projekt befindet sich noch in der Startphase und soll innerhalb von ein bis zwei Monaten zur Gründung eines Einzelunternehmens mit eigener Website führen.