Künstliche Intelligenz im Tischtennis: Allheilmittel oder kühne Wunschvorstellung?

Künstliche Intelligenz (kurz: KI) ist in aller Munde. Sie kann vielfältige Aufgaben erledigen oder den Menschen dabei unterstützen. Dazu gehören Aufgaben wie Problemlösung, Lernen und Entscheidungsfindung. Raouf Morsi hat in einer früheren Ausgabe bereits erste Auswirkungen für den Tischtennissport untersucht.

 

Text: Dirk Lion / Foto: Nikkei Asia

 

Früheren Ausgabe

Ich möchte im Folgenden seinen Text ergänzen und zunächst etwas allgemeiner auf KI im Sport eingehen und dann die aus meiner Sicht wichtigsten Einsatzmöglichkeiten sowie Vor- und Nachteile von KI im Tischtennis aufzeigen.

In den letzten Jahren hat der Einsatz von KI im Spitzensport zugenommen. Viele Teams und Spieler suchen nach einem Wettbewerbsvorteil, indem sie die Technologie in ihr Training und ihre Leistungsanalyse integrieren. Der Einsatz von KI im Sport ist jedoch, wie alle Technologien, nicht ohne Vor- und Nachteile.

Vorteile des Einsatzes von KI im Spitzensport sind:

  • Verbesserte Leistungsanalyse: KI kann verwendet werden, um große Datenmengen aus Spielen und Trainingseinheiten zu analysieren, um Muster und Trends erkennen zu können, die zur Verbesserung der Leistung verwendet werden können.
  • Verbessertes Training: KI kann verwendet werden, um personalisierte Trainingsprogramme für Athleten basierend auf ihren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu erstellen.
  • Verletzungsprävention: KI kann verwendet werden, um Daten von Wearables zu analysieren, potenzielle Verletzungen zu erkennen, bevor sie auftreten, sodass Spieler oder Teams vorbeugende Maßnahmen ergreifen können.

Nachteile des Einsatzes von KI im Spitzensport sind:

  • Kosten: Die Integration von KI kann teuer sein und nicht immer einen eindeutig messbaren Return on Invest bringen.
  • Datenschutzbedenken: Der Einsatz von KI im Sport beinhaltet zwangsläufig die Erhebung und Analyse personenbezogener Daten, was Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit aufwirft.

Beispiel Tennis

Neben Baseball oder Fußball wird KI zum Beispiel bereits seit längerem im Tennis eingesetzt.

Die KI-Plattform von IBM, Watson, wurde verwendet, um Daten von Tennisspielen zu analysieren, um Muster und Trends zu identifizieren, die zur Verbesserung der Leistung verwendet werden können. Watson kann beispielsweise Daten über die Aufschlaggeschwindigkeit eines Spielers oder den Prozentsatz des ersten Aufschlags analysieren, um Bereiche zu identifizieren, in denen er am stärksten ist und wo er sich verbessern muss. Darüber hinaus kann Watson personalisierte Trainingsprogramme erstellen.

KI im Tischtennis

Im Vergleich zu einigen anderen Sportarten hinkt der Einsatz von KI im Tischtennis einige Jahre zurück. Doch auch in unserem Sport geht die Entwicklung klar in Richtung digitaler Lösungen. Die Firma ESN hat mit ihrem ausgegründeten Start-Up „Spinsight ESN digital“ eine Maschine vorgestellt, die in Echtzeit alle wichtigen Parameter misst, welche die Qualität von Tischtennis-Schlägen bestimmen: Spin, Tempo, Platzierung und Flughöhe. Durch diese Daten, welche die Grundlage jeder Künstlicher Intelligenz sind, können vielfältige Trainings- und Spielsituationen künftig analysiert werden. Von konkreten Trainingsrückmeldungen zu einzelnen Schlägen bis hin zu taktischen Empfehlungen bietet die Digitalisierung des Sports ein vielfältiges Potential zur individuellen Leistungssteigerung als auch zur Weiterentwicklung der Sportart an sich.

Anzumerken ist hierbei allerdings ebenfalls, dass in einer Sportart wie Tischtennis, die häufig als Hochgeschwindigkeitsschach bezeichnet wird, viele weitere Faktoren einzubeziehen sind, vor allem im mentalen und psychischen Bereich, der sich sehr stark auf die Tagesform niederschlägt, in denen Künstliche Intelligenz auch noch auf mittlere Sicht wenig hilfreich sein wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von KI im Tischtennis das Potenzial hat, die Art und Weise, wie Spieler trainieren und konkurrieren, zu verändern.

Künstliche Intelligenz ist dabei aber stets nur so gut wie das Trainings-Datenset, auf dem es trainiert wird. Am Anfang jedes Einsatzes von Künstlicher Intelligenz steht  die Sammlung von möglichst vielen, möglichst aussagekräftigen Daten – aufbereitet durch den Menschen. Dies kostet Zeit und ist mit dem Aufwenden finanzieller Ressourcen verbunden. Dann aber hat KI schon heute das Potential, zum Beispiel Trainingsprogramme von Spielern intelligenter zu steuern.

Zum Autor:

Dirk Lion (M.A./M.A.) ist Privatcoach und Manager des aktuellen Tischtennis-Europameisters Dang Qiu. Zudem arbeitet er als Systemischer Berater und Sozialwissenschaftler als Head of Akademie im größten Hightech.Unternehmer.Netzwerk Europas an der Schnittstelle Künstliche Intelligenz – Mensch und unterstützt Menschen beim Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz.