Interview Cédric Tschanz

Cédric Tschanz, Rio-Star Muttenz / Credit: Michel Matthey de l’EtangCédric Tschanz: « Ich habe das „big picture“ angeschaut und mir klar gemacht, dass ich noch viele Jahre intensiv Tischtennis spielen will. Deshalb war die Operation unumgänglich. »

Der Spieler des TTC Rio-Star Muttenz, der zum Elitekader der Nationalmannschaft gehört, durchläuft derzeit eine für Spitzensportler bekannte Phase: die Rehabilitation.

 

Text: Luca Anthonioz

 

Unabhängig von der Disziplin haben die besten Sportler*In der Welt alle eine Rehabilitationsphase nach einer Verletzung oder einer Operation durchlaufen. Roger Federer, Lara Gut, Dario Cologna oder Lea Sprunger, sie alle mussten ihre Schmerzen geduldig ertragen und hart arbeiten, um wieder an die Spitze zu kommen. Rehabilitation ist ein untrennbarer Bestandteil einer Spitzenkarriere und eine wichtige Lernerfahrung für Sportler*In. Die aktuelle Nummer 9 der Schweizer Rangliste, Cédric Tschanz, durchläuft gerade diese Phase. Der 21-Jährige spielt schon seit vielen Jahren mit Hüft- und Rückenschmerzen. Im Dezember 2020 entschied er sich, sich einer Hüftoperation zu unterziehen, um sein mechanisches Problem zu beheben. Sidespin besuchte ihn während seiner Rehabilitation.

 

Hallo Cedric! Zunächst einmal: Wie ist die Operation im Dezember verlaufen und wie geht es dir jetzt?

Hallo! Mir geht es momentan sehr gut. Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf meiner Heilung. Seit der Operation sind nun 7 Wochen vergangen und ich kann ohne Probleme wieder laufen und 100% Belastung auf das rechte Bein geben, also im medizinischen Sinn. Stop-and-Go Bewegungen, Sprünge, sowie Hüftdrehungen müssen noch eine geraume Zeit warten.

 

Kannst du genauer erklären, was dieses mechanische Problem war, das dich gestört hat, und wie lange du diese Schmerzen schon hattest?

Ich habe in meiner rechten Hüfte ein gemischtes Impingement (femoroacetabuläres Impingement) gehabt. Das bedeutet, dass an der Hüftkugel, sowie an der Hüftpfanne genetisch zu viel Material (Knochen) gebildet wurde. Dadurch hatte ich in der rechten Hüfte keine Gelenkbeweglichkeit und das Gelenk hat bei intensiven Bewegungen angeschlagen. Dadurch litten innere Strukturen immer mehr. Unter anderem ist das Labrum (Gelenkslippe) gerissen, welche mir bei der Operation wieder angenäht wurde.

Ich hatte diese Schmerzen sicherlich schon 2 Jahre. Durch die fehlende Beweglichkeit des Gelenkes hat sich mit der Zeit die Situation im unteren Rücken auch verschlechtert. Ich habe jedoch alles rausgeholt in diesen 2 Jahren. Ich ging jede Woche in die Physiotherapie, machte täglich Dehn- und Kraftübungen für die Hüfte. Ohne diese Massnahmen hätte ich nicht spielen können.

 

War es eine schwierige Entscheidung, sich der Operation zu unterziehen? War die aktuelle Covid-19-Periode, ohne Wettbewerb, ein zusätzliches Argument bei deiner Wahl?

Am Anfang war es eine schwierige Entscheidung. Ich bin noch ziemlich jung und am Anfang meiner Karriere. In dieser Phase will man so viel Trainieren und Matches spielen wie möglich. Auch hatte ich noch nie eine Operation und war skeptisch, ob alles gut ausgehen wird. Zum Glück habe ich ein super Team um mich, welche mir bei so schwierigen Entscheidungen helfen und mich mit vielen guten Ratschlägen unterstützen. Schlussendlich waren es 2 Gründe, die mich überzeugt haben, es zu machen:

  • Ich habe das „big picture“ angeschaut und mir klar gemacht, dass ich noch viele Jahre intensiv Tischtennis spielen will. Deshalb war die Operation unumgänglich, da die Beschädigungen in der Hüfte immer schlimmer geworden wären und schlussendlich schon früh zu Arthrose hätte führen können. Durch das Abschleifen des Hüftknochens, wurde dem jetzt entgegengewirkt.
  • Dazu kommt noch die Situation von Corona, ich meine, eigentlich kann ich mich sehr glücklich schätzen in solch einer Situation eine Reha absolvieren zu können. Ich habe überhaupt keinen Zeitdruck und verpasse nicht viel. Ab und zu habe ich mir Vorwürfe gemacht, wieso ich nicht schon im Sommer oder vorher operiert habe.

 

Cédric Tschanz / German Open 2020 / Credit: René Zwald

 

In den sozialen Netzwerken hast du einige Videos von deinen Trainingseinheiten im Fitnessstudio gepostet. Wie läuft die Reha? Wie sieht dein täglicher/wöchentlicher Zeitplan aus?

Ich befinde mich momentan in der Woche 7. Der Hauptfokus liegt auf dem Muskelaufbau in den Beinen und weiterhin auf der Koordination und Stabilität. Auch haben wir begonnen leicht das Hüftgelenk wieder zu rotieren. Die Reha läuft gut, ich kann langsam wieder mit leichten Gewichten beginnen zu arbeiten. Das Training besteht aus vielen Übungen an der Maschine, so dass der Hüfte nichts passieren kann. Sobald meine Hüfte jedoch wieder fitter ist, werde ich wieder funktioneller trainieren und auch sportartenspezifischer.

Momentan trainiere ich jeden Tag. Jeden 2ten Tag habe ich einen Kraftpass für die Beine und Oberkörper, dazu kommt jeden Tag Stabilität- und Koordinationsübungen, sowie leichtes Velo fahren. Seit dieser Woche habe ich auch wieder mit Aufschlagtraining begonnen. Neben dem arbeite ich noch für Rio-Star und bin an einigen privaten Projekten dran.

 

Hast du, abgesehen von deiner aktuellen Rehabilitation, parallel zu deinen zahlreichen Trainings schon immer Physiotherapie oder andere Behandlungen gemacht?

Ich habe vieles ausprobiert, um meine Schmerzen zu lindern. Persönlich am meisten hat mir Physiotherapie (Sportmassagen, Dry Needling) und intensives Krafttraining geholfen.

 

Wann glaubst du, dass du wieder an den Tisch kommen kannst? Glaubst du, dass es lange dauern wird, bis du wieder bei 100 % bist?

Ich habe leicht mit Service-Training gestartet. Ich hoffe, dass ich Ende März, Anfang April das Training wieder voll aufnehmen kann. Wann ich wieder bei 100% bin, kann ich nicht genau sagen. Ich mache mir überhaupt keinen Stress und habe mir vorgenommen auf die neue Saison mein Niveau erhöht zu haben und wieder voll zurück zu sein.

 

2020 war ein ganz besonderes Jahr. Es scheint, dass es auch im Jahr 2021 schwierig sein wird, Wettbewerbe zu spielen. Hast du noch Ziele für dieses Jahr oder schaust du langfristig?

Im Grunde genommen nehme ich die Situation, wie sie ist und plane nicht zu viel. Aber auf jeden Fall will ich, falls es die Situation zulässt, im Sommer nach China trainieren gehen. Nach diesem Aufbau versuche ich auch international wieder zu spielen. Ich denke, dass es bis dann ziemlich sicher wieder Turniere gibt. Kurzfristig gibt es vielleicht eine Chance noch bei der Schweizermeisterschaften mitzumachen, das wäre sehr schön. Nebenbei will ich auf jeden Fall mein Team in der NLA unterstützen, sei es auf dem Tisch oder am Spielfeldrand. Auch freue ich mich sehr auf die Spitzensport Rekrutenschule Ende April in Magglingen, das ist auf jeden Fall eine riesen Chance mein spielerisches Level zu verbessern.

 

 

 

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